Lernen an Stationen im Physik- und Astronomieunterricht
zuletzt geändert 06.05.2006




In dieser kurzen Abhandlung möchte ich meine Gedanken über das Lernen an Stationen als mögliche Form der Öffnung des Physik- und Astronomieunterrichtes äußern.

1. Hintergedanken

2. Organisatorisches

3. Erfahrungen

4. Downloads



nach oben 1. Hintergedanken und Ziele des Lernens an Stationen im Physikunterricht

Durch weitestgehend positive Erfahrungen einiger Kollegen anderer Schulen habe ich mir seit 1996 Gedanken über mögliche Themengebiete gemacht, die sich für das Lernen an Stationen in diesen beiden Fächern anbieten. [ Anregungen dazu kamen von Herr Roland Bauer aus Sindelfingen und Herrn Ralph Hepp aus Erfurt ]
Mit dieser Form des offenen Unterrichtes wollte ich den Schülern der 9. und 10. Klassen eine weitere Möglichkeit zu den Lernmethoden geben, die sie bisher an unserer Schule kennen gelernt haben. Damit sollte der Unterricht etwas aufgelockert und interessanter gestaltet werden. Außerdem bietet das Lernen an Stationen auch die Möglichkeit, die Kräfte des Lehrers während des Unterrichtes zu schonen.
Mein Anliegen war es, nicht Wissensvermittler sondern vielmehr Initiator, Beobachter und Berater zu sein.
Des weiteren wollte ich einen Beitrag leisten, dass  die Schüler durch die selbständige, produktive Arbeit an den einzelnen Stationen das LERNEN lernen. Dabei sollte der fachliche Aspekt nicht so dominant sein, sondern vielmehr Wert gelegt werden auf die Weiterentwicklung von Arbeits- und Lerntechniken der Schüler.

Als Themen für diese Form der Freiarbeit habe ich bisher in Physik die Unterrichtseinheiten Elektromagnetische Induktion (Klassenstufe 9) und Mechanische Schwingungen  (Klassenstufe 9 oder 10) sowie in Astronomie die Unterrichtseinheit Planetensystem (Klassenstufe 10) gewählt. Weitere Unterrichtseinheiten sind in Vorbereitung.



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2. Organisatorischer Ablauf und wichtige Hinweise

2.1 Die erste Stunde

In der ersten Stunde dieser Unterrichtseinheit werden mit den Schülern in einem Rundgespräch im Klassenraum folgende Dinge besprochen.

2.1.1 Was ist Lernen an Stationen?

Lernen an Stationen ist eine Lernform, bei der eine Unterrichtseinheit über mehrere Wochen verteilt durch die Schüler selbst bearbeitet wird. Dabei steht die möglichst selbständige Arbeit des einzelnen Schülers im Vordergrund. Eine grobe Zeitorientierung pro Station (circa 20 Minuten) ist den Schülern zu geben. Diese sollten aber nicht ständig daran erinnert werden.

2.1.2 Welche Ziele verfolgen wir mit dieser Form der Freiarbeit?

Der Schüler erarbeitet sich selbständig einen Überblick über das Stoffgebiet und lernt mit Hilfe der durchgeführten Experimente die physikalischen Sachverhalte zu verstehen. Dabei wird der unterschiedlichen Arbeitsgeschwindigkeit jedes einzelnen Schülers Rechnung getragen. Die Selbstkontrolle des Schülers kann hierbei weiterentwickelt werden (Wird zum Beispiel der Zeitrahmen eingehalten?).

2.1.3 Welche Inhalte der Unterrichtseinheit werden bearbeitet?

In offener Form schreiben die Schüler auf, was sie schon über das jeweilige Thema wissen und was sie hierzu interessiert.
Nach einer Sichtung der Notizen werden die Themen der einzelnen Lernstationen umrissen. Dabei sollte der Lehrer versteckt lenkend eingreifen, um den Lehrplananforderungen gerecht zu werden.

2.1.4 Welche Arbeitsweisen können die Schüler nutzen?

Das WIE der Erarbeitung der einzelnen Themen ist dem Schüler überlassen. Er kann alle im Raum ausgelegten Materialien, Bücher, Geräte und ähnliches benutzen. Auch kann er nach Ab- und Anmeldung beim Lehrer die Schülerbibliothek der Schule aufsuchen, um sich weiterführende Literatur zu besorgen, falls dies notwendig ist.

2.1.5 Welche Leistungsanforderungen werden gestellt?

Es erfolgt keine Kontrolle der persönlichen Aufzeichnungen des Schülers durch den Lehrer. Der abschließende Leistungstest gibt sowohl dem Lehrer aber auch dem Schüler selbst Aufschluss darüber, ob der Schüler intensiv und zielstrebig genug gearbeitet hat. Die hier erteilte Note sollte nicht so in den Vordergrund gerückt, aber für eine verbale Einschätzung der geleisteten Arbeit des Schülers herangezogen werden.

2.1.6 Welche Regeln sind einzuhalten?
 

Bei der Durchführung von Formen offenen Unterrichtes ist es notwendig, mit den Schülern Regeln zu vereinbaren, damit das Ziel der Freiarbeit auch erreicht werden kann, zum Beispiel:

 

  • Verschaffe dir zuerst einen Überblick über die Arbeit!

  • Überlege und entscheide, womit du beginnen willst und was du in der Stunde bearbeiten willst!
  • Eine Arbeit muss erst beendet sein, bevor du mit einer neuen beginnst!

  • Gehe sorgsam mit den Arbeitsmaterialien (Arbeitsblatt, Bücher, Geräte) um!

  • Räume wieder auf!

  • Laufe nur durch den Raum, wenn du einen Grund hast!

  • Störe die anderen nicht bei ihrer Arbeit!

  • Nur wenn du überhaupt nicht mehr weiterkommst, frage nach Hilfe!

  • Bewege dich leise und wenig störend im Raum, wenn du Materialien auswählst oder aufräumst!

  • Ordne deine Notizen systematisch. Ergänze evtl. später!

  • Nach getaner Arbeit: Kreuze nicht vergessen im Anlagenblatt "Erledigt" (Lehrertisch)!

  • Immer dabei: Kleber, Schere, Lineal (30cm),...
  • Diese Regeln bekommt jeder Schüler vom Lehrer ausgehändigt, die er dann in seinen Hefter einordnet.
    Weiterhin erhält jeder Schüler ein Blatt, auf dem er auftretende Schwierigkeiten aber auch Verbesserungsvorschläge für den Lehrer schriftlich festhält.

    2.2 Der weitere Ablauf

    Für alle drei Themen habe ich jeweils einen Zeitrahmen von 5 Wochen (2h je Woche in Physik / 1h je Woche in Astronomie) für die Bearbeitung der einzelnen Stationen vorgegeben, inklusive einer Stunde für den Leistungstest. (Falls es der Lehrer für notwendig erachtet, kann vor dem eigentlichen Leistungstest noch ein Probetest geschrieben werden, in dem sich die Schüler schon einmal probieren können.)

    Nach Beendigung der Arbeit an Stationen die zu Beginn ausgeteilten Zettel mit Hinweisen zu Schwierigkeiten und Verbesserungsvorschlägen von den Schülern wieder einsammeln => Dies ist besonders wichtig für eine tiefgründige Analyse und eröffnet die Möglichkeit, aufgetretene Probleme besser zu erkennen und diese durch entsprechende Korrekturen in zukünftigen Freiarbeitsphasen zu vermeiden

    2.3 wichtige Hinweise für den Lehrer

    Der Lehrer sollte sich eine Mappe anlegen mit folgenden möglichen Inhalten:

      - Vorwort über Ziele und das WARUM, sowie die Klassensituation
      - bereits vorhandene Erfahrungen
      - aufgetretene Probleme
      - Anregungen und Kritik durch Schüler
      - Regeln für die Freiarbeit

    Auf dem Lehrertisch oder anderen Auslagen im Raum sollten die Stationen ausgelegt und gut gekennzeichnet sein.
    Weiterhin sind auf dem Lehrertisch das Anlagenblatt "Erledigt" sowie Hinweise zur Literatur auszulegen.
    Auch sollten die Regeln zur Freiarbeit gut kenntlich (farbig) im Klassenraum ausgehängt werden.
    Es müssen an jeder Station genügend Aufgabenblätter ausgelegt sein, damit jeder Schüler zu jeder Zeit arbeiten kann.
    Dabei sollten die Fragestellungen nicht zu anspruchsvoll und die Lesetexte nicht zu lang sein.


    nach oben 3. Erfahrungen und Schlussfolgerungen

    Es hat sich gezeigt, dass das Lernen an Stationen von den Schülern als eine mögliche Alternative zu herkömmlichen Lehrmethoden angenommen wird. Vor allem bei leistungsschwachen und sonst lernunwilligen Schülern konnte ich beobachten, dass diese sich doch mehr oder minder stark mit den vorgegebenen Aufgaben auseinandergesetzt haben. Allerdings fiel es einigen Schülern zunächst schwer, sich in dieser Form Wissen selbst zu erarbeiten.
    Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass das Lernen an Stationen in den unteren Klassenstufen eingeführt und sukzessive weiterentwickelt werden sollte, damit die Schüler mit dieser Form der Freiarbeit in den oberen Klassen vertraut sind.
    Die Vor- und Nachbereitung dieser Unterrichtsform nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Das hat aber den Vorteil, dass man während der Durchführung im Unterricht weitestgehend entlastet ist und sich wirklich einmal auf die Schüler konzentrieren kann.
    Hinsichtlich der Anforderungen der seit September 1999 gültigen Thüringer Lehrpläne möchte ich noch ergänzen, dass gerade auch im Bereich der Kompetenzentwicklung und -bewertung diese Unterrichtsform viele Möglichkeiten bietet.
    Für mich ist das Lernen an Stationen nur eine von vielen Unterrichtsformen und sie sollte auch nicht als das Allheilmittel angesehen werden. So setze ich das Lernen an Stationen je Schuljahr und Klassenstufe nur ein bis maximal zweimal ein.



    Literatur:

    Roland Bauer

      - Schülerorientierter Unterricht in der Regelschule
      - Fächerverbindendes und anwendungsorientiertes Arbeiten
      - Selbständiges Arbeiten, Qualitätskriterien

    Ralph Hepp

      - Unterricht Physik, Heft - Nr. 3/4 1999, "Lernen an Stationen - Elektrizitätslehre"


    nach oben 4. Downloads

    Alle Dokumente in den unten aufgeführten Downloads sollten durch Kollegen die diese nutzen möchten sorgfältig geprüft und nach eigenem Ermessen an die jeweilige Unterrichtssituation angepasst werden (vor allem bzgl. der verwendeten Literatur).
    Über Rückmeldungen, Kritiken und Hinweise aber auch Angebote zu von Ihnen entwickelten Themen würde ich mich freuen.

    Thema "Elektromagnetische Induktion" zum Download
       als Winword-Datei ( 5 MB !!! ) => indu_doc.zip

    Thema "Mechanische Schwingungen" zum Download
       als Winword-Datei ( 28kB ) => schw_doc.zip

    Thema "Planetensystem" zum Download
       als Winword-Datei (1,6MB) => plan_doc.zip
       als HTML-Dokument (530kB) => plan_htm.zip



    zuletzt geändert 06.05.2006